Dienstag, 17. Juli 2012

Frontex: die neue Mauer

Frontex: Was ist das? Ein Medikament? Ein Insektenvernichtungsmittel?
Weder noch:  Frontex ist die Abkürzung für die Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen (französisch: Frontières extérieures for "external borders“).
Seit 2004 waltet sie ihres Amtes. Aufgabe und Ziel laut Verordnung vom 26. Oktober 2004: die Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union „schützen“.
Vor wem?
Vor Menschen. Menschen, die ihre Heimat verlassen und sich aufmachen in eine ungewisse Zukunft, in ein unbekanntes Land, auf einen ihnen fremden Kontinent.
Was wollen diese Menschen hier?
Leben. Menschenwürdig leben. Und sehr oft: Einfach nur überleben.
Können sie das nicht in ihrer Heimat?
Nein. Sie haben nichts, keine Arbeit, wenig bis kein Essen, keine Bildung; sie werden verfolgt, würden ermordet oder einfach verhungern. Sie sind bettelarm, alles, was ihnen bleibt ist: Hoffnung. Denn Hoffnung, weiß der Volksmund, stirbt zuletzt. Also machen sie sich auf. Aber: Sie sind unerwünscht. Europa will sie nicht. Europa braucht sie nicht. Nicht in Europa. Europa braucht sie in Afrika oder Asien, dort, wo ihre Arbeitskraft schön billig ist, wo Europa sich nicht den Kopf darüber zerbrechen muss, wie viel ein Menschenleben wohl wert ist.  Europa: Braucht seine Sklaven, aber sehen und hören will es sie nicht.  Europa: Braucht afrikanisches Land, südamerikanisches Land, asiatisches Land (siehe Land-Grabbing), aber um die ihres Landes beraubten Menschen kümmert es sich nicht.
Stattdessen macht Europa dicht. Sucht aus, wer rein darf und wer nicht. Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen. Die Guten: die Gewinner dieser Welt. Die Schlechten: die Verlierer dieser Welt. Im Töpfchen: Wenige. Im Kröpfchen: Milliarden. Diese Welt: Ist nicht gerecht.
Europa macht dicht. Teilt das Meer. Für das ungeübte Auge: Hüben wie drüben sieht das Meer schön aus. Das Mittelmeer zum Beispiel. Pittoresk.  Friedlich. Doch: Europas Mauern sind allgegenwärtig.  Militärische Sperrzonen, hier kommt niemand durch.
In den Nachrichten: Überladene Flüchtlingsboote, gekentert, Menschen ertrunken, wenn überhaupt, dann ein oder zwei Überlebende. Es heißt: Die Menschen auf dem Boot waren leichtsinnig. Es heißt: Man konnte nicht retten.
Konnte nicht?
Wollte man denn?
„Mitten auf dem Meer aufgegriffene Flüchtlinge haben - ebenso wie jene, die es bis in Küstennähe schaffen - nach geltendem Völker- und Europarecht das Recht, einen Asylantrag zu stellen. Sie dürfen auch nicht abgeschoben werden, wenn ihnen möglicherweise Verfolgung oder Misshandlung droht. Ein faires Asylverfahren, das rechtsstaatlichen Anforderungen gerecht wird, kann allerdings nicht ad hoc auf den Einsatzschiffen erfolgen. Die bei den Einsätzen aufgegriffenen Personen müssen daher auf das europäische Festland gebracht werden. Nur hier ist die Durchführung eines Asylverfahrens möglich, das völkerrechtlichen Standards gerecht wird.“ (Quelle: http://www.amnesty.de/journal/2009/april/mit-verschraenkten-armen)
Will Europa das?
2008 bereits berichtete der Dokumentarautor Roman Herzog (nicht zu verwechseln mit dem ehemaligen Bundespräsidenten) in seinem ARD-Radio Feature „Krieg im Mittelmeer – Von der Cap Anamur zu Frontex und Europas neuen Lagern“ davon, wie die EU es schafft, die Menschen erst gar nicht als Flüchtlinge aufnehmen zu müssen: Besonders die deutschen Verbände praktizieren ‚die harte Linie‘, entnehmen den Flüchtlingsbooten Treibstoff und Lebensmittel (http://www.borderline-europe.de/news/news.php?news_id=56  /  http://frontex.antira.info/2008/10/28/wdr5-krieg-im-mittelmeer/).
Europa schottet sich ab, macht zu und erobert gleichzeitig die Welt.
Wo bleibt der Protest ... und das Gewissen?


http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=V1eZ8Ilgbfs

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen