Dienstag, 21. Februar 2012

Greise an der Werkbank: Wenn die Rentenzeit weiter verkürzt wird

Rente bedeutet Altersruhegeld, und selbst derjenige, der einst kein Latein in der Schule büffeln musste, wird spätestens nach einem Blick ins Fremdwörterbuch oder ins Internet verstehen: Rente kommt von rendita, was wiederum zurückgeht auf  reddere, und das heißt "zurückgeben, zurückerstatten". Wer heute einzahlt, der bekommt morgen auch wieder was zurück. So jedenfalls ist es einmal angedacht gewesen. Die Jungen von einst sind die Alten von heute, die heute Jungen morgen die Alten. Bedenkt man den demographischen Wandel in Deutschland, so wird klar, dass dieses Modell vor einer großen Herausforderung steht. Was also, wenn es dann heißt: "Heute zahlen, morgen nichts bekommen"?
Was also sollen wir machen? Klar! Wir verlängern einfach die Lebensarbeitszeit! Wenn der Mensch von heute länger lebt und der Mensch von morgen noch länger, dann ist doch die einzig logische Konsequenz: Die Rentenzeit muss verkürzt werden. Und manch ein Ökonom ruft: Wir können noch mehr! Rente mit 70!
 Denn wir wissen doch: Der Rentner von heute ist nicht der Rentner von gestern, er ist rüstig und agil - wie rüstig und agil wird da erst der Rentner von morgen sein!


Moment!

Bei all dieser Heititei-Weichzeichnerei des ins hohe Alter fidelen Zukunftsmenschen: Bleibt ein Mensch, der lange arbeitet, auch wirklich lange fit? Was steckt hinter der Forderung, die Lebensarbeitszeit zu verlängern? Die Menschen sollen ackern (hier stellt sich auch die Frage: Wird es immer genügend Arbeitsplätze für alle geben?) und dann am besten noch an der Werkbank umfallen, bevor sie alt und verbraucht der Gesellschaft auf der Tasche liegen? Damit sie nichts kosten? Wo, bitte, ist da die Gesellschaftsethik!? Was ist der Mensch?  Eine Kosten-Nutzen-analytisch zu berechnende Größe?
Das kann's doch nicht sein!


Gehen wir die Sache doch mal ganz anders an:
Wie wäre es, wenn wir die Zeit des Arbeitslebens besser gestalten würden? Kürzere Arbeitszeiten für Arbeitnehmer und dafür Arbeit für alle! Wir müssen weg von der 40-48 Stundenwoche (oder sogar mehr), hin zu einer geringeren Arbeitsstundenwoche. Mit Hilfe solcher Maßnahmen können wir mehr Menschen (Ziel sollten ALLE sein) beschäftigen! Schließlich soll Arbeit dem Menschen dienen und nicht umgekehrt: Arbeit als Bestätigung, für das Gefühl, nützlich zu sein, zur Gesellschaft zu gehören. Ein gesundes Verhältnis zur Arbeit kann psychischen Krankheiten entgegenwirken.


Was aber passiert, wenn einige überlastet sind, andere wiederum unterfordert und ausgegrenzt?
Schon seit einigen Jahren vermerken wir eine drastische Zunahme bestimmter Krankheits-Phänomene und somit die Zunahme der Krankentage und Arbeitsausfälle.
So weisen zum Beispiel Arbeitslose durchschnittlich 26 Krankentage auf und sind somit die am stärksten betroffene Gruppe. Ältere Menschen (über 55 Jahre) mit hoher körperlicher Belastung haben fast doppelt so viele Fehltage als der Durchschnitt aller Arbeitnehmer. Zu ihnen gehören u.a. Maurer und Betonbauer. Ebenfalls überdurchschnittlich gesundheitlich belastet sind sozialpflegerische Berufe und Reinigungskräfte.


Aus Statistiken ist zu entnehmen: Langwierige Erkrankungen nehmen kontinuierlich zu. So sind Krankheitsfälle von mehr als sechs Wochen Dauer u.a. verantwortlich für hohe Krankenstände.



Die häufigsten Krankheitsursachen sind: 
 "Auf Muskel- und Skeletterkrankungen gehen mit 26 Prozent die meisten Krankentage zurück, gefolgt von Atemwegserkrankungen mit 16 Prozent. An dritter Stelle folgen Verletzungen (14 Prozent), deren Anteil gegenüber den Vorjahren abnahm, was auf den Rückgang besonders gefährdender gewerblicher Tätigkeiten zurückzuführen ist. Aktuell sind psychische Erkrankungen mit 10 Prozent aller Krankentage die viert wichtigste Krankheitsgruppe; vor rund 30 Jahren tauchten sie in den Gesundheitstatistiken kaum auf (1976: 2 Prozent)." (http://www.pressemitteilungen-online.de/index.php/krankentage-steigen-wieder-ursachen-fehltage-und-krankheiten/)
Natürlich sind Überlegungen, die Rente auf 67 Jahren anzuheben, nachvollziehbar. Die Folgen jedoch scheinen nur unzureichend durchdacht und das sich daraus ergebende Menschenbild noch dazu mehr als fragwürdig.


Selbstverständlich sind auch Menschen über 50 wertvolle "Leistungsträger", auf die eine gesunde und ausgeglichene Gesellschaft nicht verzichten kann! Doch müssen zu allererst die Arbeistbedingungen stimmen. Gesundheit, körperliche sowie psychische, darf nicht gefährdet sein, angemessene Löhne müssen gezahlt und der unermesslichen Raffgier der Wirtschaft endlich ein Riegel vorgeschoben werden: Jeder muss in der Lage sein, menschenwürdig von seiner verrichteten Arbeit und dem daraus resultierdem Verdienst leben zu können.


Wir müssen einen Wandel wagen, um eine Heilung zu finden!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen